Muskeltest in der Kinesiologie

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Propagiert und umstritten

Kinesiologischer Muskeltest

Wenn Klienten das erste Mal zu mir kommen, frage ich sie: „Kennst du den Muskeltest?“ Die Antwort lautet oft: „Ja“.

Aber: Was wissen wir wirklich über den Muskeltest? Was glauben wir und was interpretieren wir in seine Ergebnisse?

Die Kinesiologie benützt den Muskeltest, er ist jedoch nicht auf die Kinesiologie beschränkt.
Aber gerade weil der Muskeltest vor allem in der Kinesiologie standardmäßig verwendet wird, müssen wir uns immer wieder fragen: „Was tun wir hier eigentlich?“

Seriös?

Pendel

Denn der Muskeltest wird oft als Alternative zum Pendeln, als „Beweis“ dafür, dass ein bestimmtes Produkt positive Wirkung auf den Klienten hat oder als „Diagnoseinstrument“ selbsternannter Heiler verwendet. Es gibt fast nichts, was es in diesem Bereich nicht gibt. 

Leider wird der Muskeltest in vielen Fällen unseriös eingesetzt. Daher fragen sich viele Menschen zurecht, ob er verlässliche Ergebnisse bringt. 

Muskeltesten ist eine Kunst

Wie viele Werkzeuge bringt auch der Muskeltest nur dann gute Ergebnisse, wenn der Anwender das Werkzeug gut zu nützen weiß. 

Die Kunst des Muskeltestens kann dazu beitragen, Menschen wieder in die Eigenverantwortung zu bringen. Klienten lernen, sich selbst zu spüren. Sanft, aber doch klar, können bestimmte Stressoren ausgemacht werden.

Die Grundlagen

Der Muskeltest folgt bestimmten Gesetzmäßigkeiten, die der Anwender / die Anwenderin kennen müssen. 

Ebenso wichtig ist es, den Klienten über die Wirkungsweise des Muskeltests aufzuklären und ihm keine „magischen“ oder „übersinnlichen“ Fähigkeiten zuzuschreiben.

Exakte Technik

Eine exakte Technik ist Voraussetzung für klare Ergebnisse. Daher empfehle ich, die Technik gut zu lernen und dann ausgiebig zu üben.

Der Testdruck beginnt sanft und steigert sich allmählich und stetig. Der Proband (Klient) nimmt im Normalfall wahr, dass der Muskel dann entweder „hält“ und „einrastet“ oder aber „nicht hält“ und „nachgibt“.

Korrekt

Der „Normalfall“

Im Normalfall reagiert der getestete Muskel auf einen Reiz, der dem System wohl tut oder ihm Energie gibt, mit einem sogenannten „starken“ Testergebnis. Der Muskel kann dem Druck ohne Anstrengung entgegenhalten.

Ein Reiz, der das System in „Stress“ versetzt, die Überlebensmechanismen einschaltet oder mehr Energie als vorgesehen verbraucht, wird zu einem sogenannten „schwachen“ Testergebnis führen.

Es ist unbedingt notwendig, diese Reaktionen zu überprüfen, bevor man einen seriösen Muskeltest durchführen kann.

Ich habe für mich entschieden, den Muskeltest nach diesen Kriterien zu verwenden. Es gibt jedoch kinesiologische Richtungen, die das Testergebnis mit zusätzlichen Inhalten erweitern. Das ist legitim und funktioniert im jeweiligen System. 

Achte also darauf, den Muskeltest so zu verwenden, wie es die jeweilige kinesiologische Richtung vorgibt und vermische nichts!

Die „Sonderfälle“

Was tun?

Manchmal kommt man beim Testen zu keinem klaren Ergebnis. Anfänger konzentrieren sich dann oft auf Maßnahmen, den Klienten „testbar“ zu machen. Meiner Erfahrung nach verfallen wir dann in althergebrachte Denkmuster, wie zum Beispiel: Der Klient ist nicht testbar. Wie kann ich erreichen, dass ich die erwarteten Ergebnisse bekomme? 

Manipulation?

Diese Denkweise ist in uns angelegt und geschieht meist unbewusst. Doch sie ist nichts anderes als Manipulation. So lange „herumzudoktern“, bis das erwartete Ergebnis entsteht, hat nichts mit „Eigenverantwortung“ auf Seite des Klienten zu tun. In diesem Fall muss er ja den Vorstellungen des Kinesiologen gerecht werden. Es geht dann weniger darum, wie der Klient tatsächlich reagiert, sondern vielmehr darum, wie er reagieren sollte.

Wahrnehmung

Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, die Klienten darauf aufmerksam zu machen, was gerade abläuft. Gleichzeitig halte ich die Stirnpunkte. Es geht darum, das Testergebnis als solches wahr zu nehmen, es ernst zu nehmen. Was will dem Klienten diese bestimmte Reaktion sagen? Manchmal fungiere ich dabei als „Übersetzer“ und fasse in Worte, was aus meiner Perspektive beim Testen gerade wahrnehmbar war – einfach nur so, als Wahrnehmung ohne Interpretation.

Normalzustand?

Natürlich gibt es Vorgehensweisen, die den Muskel „im Normalfall“ stark oder schwach testen lassen. Es ist unbedingt notwendig, wenn man sich in der Folge auf die Reaktion des Muskels verlassen möchte. Doch wenn der „Normzustand“ nicht sofort hergestellt werden kann,  ist das nicht schlimm. Im Gegenteil. Es gibt dem Klienten die Möglichkeit, einmal aus einer ganz anderen Perspektive auf seine Reaktionsweise zu schauen und daraus zu lernen. 

Vorsicht!

Vorsicht: Die Erwartungen des Testenden können leicht das Testergebnis verfälschen! Dadurch können Vorstellungen und Glaubenssätze des Testenden dem Klienten „übergestülpt“ werden.

Daher ist es wichtig, beim Testen so neutral wie möglich zu sein und jedes Ergebnis als solches zu akzeptieren. Für den Kinesiologen bedeutet das, sich der eigenen Werte und Vorstellungen bewusst zu sein, diese jedoch nicht auf andere Menschen „übertragen“ zu müssen.

Auf der anderen Seite ist ebenso Vorsicht geboten:


Der Muskeltest ist ein Werkzeug, das gezielt eingesetzt werden kann. So wenig, wie im Schraubenzieher das Wissen um die Montage einer elektrischen Leitung steckt, steckt im Muskeltest das Wissen um jedwedes Fachgebiet. 

Teste daher nur in den Bereichen, in denen du auch über genügend Fachwissen verfügst.

In Österreich gilt: Du darfst mit Muskeltest nur das tun, was du auch ohne Muskeltest tun dürftest. 

Das heißt: Wenn du als Arzt Medikamente verschreiben darfst, kannst du das mit und ohne Muskeltest tun. Als Laie darf ich das nicht. Das ist eigentlich ganz einfach, oder?

Wenn du kinesiologisch arbeiten möchtest, empfehle ich dir, eine gute und seriöse Ausbildung zu absolvieren. Nur so kannst du den Muskeltest richtig einsetzen.

Vielleicht lernen wir uns einmal persönlich kennen. Ich freue mich auf dich.