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Faszien & Emotionen: Wie Yin-Yoga Körper und Geist ins Gleichgewicht bringt

Bild: Canva / Alexy Almond – Pexels

Die Vorstellung, dass Körper und Geist eine Einheit bilden, ist nicht nur eine oberflächliche Floskel – sie lässt sich auf faszinierende Weise wissenschaftlich erklären. Besonders spannend: unsere Faszien spielen dabei eine Schlüsselrolle. Und genau hier setzt Yin-Yoga an – eine Praxis, die nicht nur körperlich entspannen, sondern auch emotional ausgleichen kann.

Faszien: Das verborgene Sinnesorgan

Du kannst dir deine Faszien wie ein feinmaschiges, dreidimensionales Netz vorstellen, das deinen ganzen Körper durchzieht. Fasziengewebe umhüllt Muskeln, Knochen, Organe, Nerven und Blutgefäße – und verbindet so alles miteinander.

Was viele nicht wissen: Faszien sind extrem reich an Nervenenden. Sie gelten als das größte Sinnesorgan deines Körpers – sie sind empfindlicher als die Netzhaut. Ihre Aufgabe? Sie melden deinem Gehirn ununterbrochen, wie es deinem Körper gerade geht: Ist irgendwo Spannung? Schmerz? Wie ist deine Haltung? Dieses ständige „Körper-Feedback“ nennt man Interozeption.

Der direkte Draht zu deinen Gefühlen

Die Informationen, die deine Faszien sammeln, landen direkt in deinem Gehirn – und zwar genau dort, wo Emotionen entstehen. Ein wichtiger Knotenpunkt ist die sogenannte Inselrinde (Insula). Sie hilft dir, deinen inneren Zustand wahrzunehmen und emotionale Reaktionen einzuordnen.

Das bedeutet: Deine Faszien können deine Emotionen beeinflussen, ohne dass du es bewusst merkst. Deshalb wirkt auch eine Massage oder Faszienbehandlung nicht nur entspannend auf den Körper, sondern oft auch auf die Seele.

Wie Faszien Emotionen formen

Schon frühe Psychotherapeuten wie Wilhelm Reich oder Alexander Lowen erkannten: Die Körperhaltung spiegelt die psychische Haltung wider – und umgekehrt. Wer dauerhaft unter Stress oder negativen Gefühlen leidet, entwickelt häufig verspannte, verhärtete Faszien.

Dieses Phänomen kann sich sogar chronisch verstärken. Ärzte sprechen hier von „emotionaler Allodynie“: Der Körper sendet überreizte Signale, die Emotionen wie Schmerz oder Angst verstärken. Die Folge: Die Psyche reagiert – und beeinflusst wiederum die Spannung im Fasziensystem. Ein echter Teufelskreis.

Das Gehirn: Autobahnen für Emotionen

Die moderne Hirnforschung zeigt, dass es zwei Hauptwege gibt, über die dein Gehirn Emotionen verarbeitet:

Wie stark diese „emotionalen Autobahnen“ befahren werden, hängt auch davon ab, welche Signale deine Faszien liefern. Sind sie chronisch verspannt, verstärkt das eher negative Emotionen. Ein entspannter, elastischer Faszienzustand hingegen kann die „Glücksstraße“ befeuern.

Faszien, Stress & der emotionale Kreislauf

Chronische Verspannungen, myofasziale Schmerzsyndrome, Stress, Ängste – all das hängt eng zusammen. Verhärtete Faszien können deine Stimmung dämpfen, Schmerzen verstärken und dich schlechter schlafen lassen. Gleichzeitig führt emotionaler Stress zu noch mehr Anspannung. Ein Kreislauf, den man unterbrechen kann – zum Beispiel mit Yin-Yoga.

Yin-Yoga: Faszienarbeit für Körper und Seele

Yin-Yoga ist eine sanfte Yoga-Form, die gezielt auf das Fasziengewebe wirkt. Anders als dynamisches Yoga werden die Haltungen hier lange (oft mehrere Minuten) gehalten. So sinkt die Spannung im Bindegewebe, verklebte Faszien lösen sich, dein Körper wird weicher – und dein Nervensystem beruhigt sich.

Diese tiefgehende Dehnung spricht genau die Rezeptoren an, die deinem Gehirn sagen: „Alles ist gut.“ So kannst du nicht nur körperliche Blockaden lösen, sondern auch emotionale Anspannung abbauen. Deine „emotionalen Autobahnen“ im Gehirn werden entlastet – und dein Geist kommt wieder ins Gleichgewicht.

Fazit: Dein Fasziennetz spiegelt deine Gefühlswelt

Ob Stress, Sorgen oder Angst – all das zeigt sich in deinem Körper. Umgekehrt kann dein Körper (genauer gesagt: dein Fasziennetz) deine Gefühle beeinflussen. Yin-Yoga ist eine wundervolle Möglichkeit, diese Brücke zu nutzen: Es lockert nicht nur deinen Körper, sondern hilft dir, innere Ruhe und emotionale Balance zu finden.

Also: Roll deine Matte aus, lass los – und spür, wie Körper und Geist wieder in Einklang kommen.

Quelle (Faszien und Emotionen):
Complement Med Res 2017;24:110–113
DOI: 10.1159/000464149
Published online: March 10, 2017
Emotions in Motion: Myofascial Interoception
Bruno Bordoni a–c Fabiola Marelli b,c
a Department of Cardiology, Santa Maria Nascente Institute IRCCS – Hospitalization and Care with Scientific Address, Don Carlo Gnocchi Foundation, Milan, Italy;
b CRESO School, Osteopathic Centre for Research and Studies, Falconara Marittima, Italy;
c CRESO School, Osteopathic Centre for Research and Studies, Gorla, Italy

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